HERZ Partner Sami Hert & Sons SARL zählt zu einem der wenigen Unternehmen im Libanon, die weiterhin ihr Geschäft aufrechthalten konnten. Der Umsatz ist jedoch massiv geschrumpft: Vom früher üblichem Umsatz können nur mehr 25 % erzielt werden. Die Gründe sind die politische Lage und die massiven Steuern im Libanon. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der erfolgreichen Partnerschaft war es für HERZ eine besondere Freude, Loutfi Hert, Geschäftsführer von Sami Hert & Sons SARL bei HERZ in Wien begrüßen zu dürfen.
Neben den Geschäftsangelegenheiten rückte auch die aktuelle Lage und Situation im Libanon ins Zentrum des Gesprächs. Eine tolle Gelegenheit für HERZ News, um aus erster Hand und authentisch über die Herausforderungen im libanesischen Alltag und der aktuellen Marktsituation zu berichten. Denn wer könnte uns besser über die Realität vor Ort informieren, als jemand, der sie jeden Tag hautnah erlebt?
Im sogenannten "Paris des Nahen Ostens" kreuzten sich die Wege 1994 von Gerhard Glinzerer und HERZ Verkaufschefin Susanne Juza mit Loutfi Hert, Geschäftsführer von Sami Hert & Sons SARL, in Beirut. Was als eine Begegnung im Rahmen einer Organisation der Österreichischen Wirtschaftskammer in Beirut begann, entwickelte sich zu einer langjährigen und vertrauensvollen Partnerschaft zwischen diesen beiden Unternehmen.
Loutfi Hert kehrte nach dem Ende des Bürgerkrieges im Jahr 1990 wieder zurück in seine Heimatstadt Beirut. Gelebt hatte er zuvor 18 Jahre lang in Kanada. Mit seiner Rückkehr übernahm er das Unternehmen seines Vaters und expandierte es dynamisch mit frischen Ideen. Aufgebaut hat er letztendlich eine flächendeckende Vertriebsstruktur im Libanon mit Showrooms und Lagerhäusern, die erfreulicherweise Eigentum des Unternehmens sind.
Im Interview mit HERZ News erzählt er über die korrupte Situation im Libanon und das eingefrorene Geld der Gesellschaft in den Banken durch die Regierung.
Loutfi Hert: Wir haben im Libanon seit 2019 eine Wirtschaftskrise. Das Geld, das die gesamte Bevölkerung vor 2019 auf Bankkonten hatte, wurde eingefroren. Es ist uns nur erlaubt 150 Dollar pro Monat von unseren Konten abzuheben, von unserem eigenen Geld. Jeder andere Betrag wird zu 85 % versteuert. Gleichzeitig stieg die Inflation im Land drastisch. 1 Dollar entsprach früher 1.500 Libanesischem Pfund, jetzt liegen wir bei 90.000 Libanesischem Pfund. Die Steuern und Zollgebühren wurden höher gesetzt als sonst. Es ist wirtschaftlich gesehen für ein Unternehmen nicht möglich zu überleben, wenn man nicht ein starkes und stabiles Fundament aufgebaut hat. Wie soll man das alles finanzieren, wenn man keinen Zugriff auf das eigene Geld hat?
Loutfi Hert: Wir haben uns zu einer Bargeld-Gesellschaft entwickelt. Das Bargeld wird abfotografiert und die Seriennummer der Scheine überprüft. Wir nehmen keine Checks mehr an, weil sie wertlos sind. Die Banken werden nur noch mehr verwendet um Überweisungen zu tätigen, aber nicht mehr um das Geld zu lagern. Wenn ich Zahlungen zu tätigen habe, bringen zwei Mitarbeiter das Geld zur Bank, um es zu überweisen. Dabei nehmen sie verschiedene Routen und sind zu ihrem eigenen Schutz ausgerüstet.
Loutfi Hert: Menschen sind verzweifelt, arbeitslos und depressiv. Es können nicht einmal die Grundbedürfnisse richtig abgedeckt werden. Die Preise von Nahrungsmitteln haben sich innerhalb von Tagen verzehnfacht, bei gleichgebliebenen Gehältern. Ein gutes Beispiel ist das Wasser: Die Tanken werden zweimal wöchentlich befüllt. Wir zahlen für ein Wasser von der Regierung, welches wir nicht einmal trinken können. Das sind monatliche Kosten in Höhe von zirka 130 Dollar. Ein Durchschnittsgehalt liegt umgerechnet bei zirka 350 Dollar.
Loutfi Hert: Strom wird uns nicht zur Verfügung gestellt. Die Regierung hat in den letzten 15 Jahren 45 Milliarden Dollar für Strom ausgegeben. Das Geld ist in die Taschen der Politiker geflossen. Entweder man hat Generatoren oder man kauft Strom von Personen, die einen Generator haben. Zum Heizen wird Diesel verwendet. Meine laufenden Kosten belaufen sich auf zirka 500 Dollar für Diesel, obwohl ich nur zwei Stunden morgens und abends heize. Alles ziemlich korrupt.
Loutfi Hert: Es war auch früher korrupt, aber wir hätten nie gedacht, dass sie sich an unserem Geld bedienen würden. Die Gehälter der Beamten wurden auf europäisches Niveau angehoben. Ein Mensch, der nicht einmal zur Arbeit erscheint, verdient 3.000 Dollar im Monat - irgendjemand muss das ja bezahlen. So haben sie sich an den Einlagen der Bevölkerung vergriffen. Es war ein politisches Privileg für sie. Ab 2019 ging es dann deutlich bergab. Mehrere hunderttausende Menschen haben seither das Land verlassen und sind für ein besseres und sicheres Leben in die Golfregion (Katar, Saudi-Arabien, etc.), in die Türkei, nach Frankreich, Kanada und in die USA gezogen.
Loutfi Hert: Die schweigende Mehrheit im Libanon hat die Nase voll von der Korruption und von allen Politikern aus allen Schichten und Religionen. Wir haben das Recht auf Frieden und das Recht zu leben. Beirut wurde das Paris des Nahen Ostens genannt. Als es in Nahen Osten nichts gab, war Beirut das Juwel. Wird es wieder zurückkehren? Ich hoffe es. Alles was wir brauchen ist Stabilität. Ich bin von Natur aus ein optimistischer Mensch, auch wenn ich durch die Hölle gegangen bin. Es muss was passieren, es muss sich etwas verändern. Wie lange es dauern wird, werden wir sehen. Die Hoffnung lebt in mir.
Wussten Sie, dass...
... archäologische Funde in Libanon beweisen, dass dieses Gebiet bereits vor mindestens 40.000 Jahren vom Homo Sapiens besiedelt war?
Egbert, das Skelett eines Kindes (erstes Foto) und Ethelruda, Oberkiefer-Fragment (zweites Foto), wurden gemeinsam mit ihren Werkzeugen gefunden, die der Epoche Jungpaläolithikum (eurasischen Altsteinzeit) zugehörig sind. Dies bekräftigt die These von der Einwanderung des Homo Sapiens nach Europa über die Levante. Ethelruda ist zudem mit einem geschätzten Alter von 45.900 Jahren älter als alle bisher in Europa gefundenen Überreste des früheren Homo Sapiens.