Eine brennende Leidenschaft
Freiwillige Feuerwehr Günselsdorf

Ende Oktober kam es zu einem Großeinsatz im HERZ Zentrallager in Günselsdorf. Nach einem Brandausbruch wurden mehrere Personen als vermisst gemeldet. Da im Lager mehrere Ladestationen für Gabelstapler installiert sind, ist die Mannschaft auch von einer Kontamination durch Flusssäure ausgegangen. Für die Brandbekämpfung im Bereich der Batterieladestation wurde die Schadstoffeinheit eingesetzt. Im Außenbereich erfolgte die Brandbekämpfung durch die Freiwillige Feuerwehr mittels Strahlrohren und Drehleiter. Aufgrund der Größe des HERZ Lagers wurde die FF Günselsdorf, der gesamte Unterabschnitt I sowie die benachbarten Feuerwehren alarmiert. Insgesamt kamen 18 Fahrzeuge mit 99 Personen zum Einsatz. Doch keine Sorge: Das Ganze wurde im Rahmen einer Feuerwehrübung nur inszeniert.

Bis 1988 gehörte Günselsdorf zur Großgemeinde Steinfelden. Diese bestand aus 4 Gemeinden: Blumau-Neurißhof, Günselsdorf, Tattendorf und Teesdorf, welche heute den Unterabschnitt der Freiwilligen Feuerwehr bilden. In vielen Fällen entwickelten sich Freiwillige Feuerwehren als Reaktion auf die Notwendigkeit Gemeinschaften vor Bränden zu schützen. So sorgte im Jahre 1873 ein Großbrand in Günselsdorf, bei dem 4 Häuser abbrannten, zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Günselsdorf. Doch die Einsatzbereiche der Feuerwehr beschränken sich heute nicht nur auf den ursprünglichen Grund der Brandbekämpfung, sondern sind vielfältiger geworden. Mit der Industrialisierung, dem gestiegenen Verkehrsaufkommen und fortgeschrittener Technologie ist die Feuerwehr heute auch bei Verkehrsunfällen, Schadstoffeinsätzen, stecken gebliebenen Aufzügen oder sogar bei Rettungseinsätzen für Katzen am Baum der richtige Ansprechpartner.

Großeinsatz im HERZ Lager

In jeder Ortschaft werden abwechselnd jährlich umfangreiche Feuerwehrübungen durchgeführt. Diese dienen den Neuzugängen zur Übung und den Altgedienten zur Auffrischung des Orts- bzw. Objektwissens. Im Zuge solcher Übungen können nämlich die Gegebenheiten vor Ort sowie die Wasserentnahmestellen relativ leicht ins Gedächtnis gerufen werden. "Nur der, der gut geschult ist, kann bei Einsätzen auch richtig helfen." sagt Alfred Artmäuer, Bürgermeister von Günselsdorf seit 2008. Heuer fand der Großeinsatz im HERZ Zentrallager statt. Seit Juli 2020 hat HERZ sein Zentrallager in Günselsdorf. Auf einer Fläche von 14.000_m² wurde die Lagerhalle mit einer Gesamtfläche von 5.000 m² innerhalb von sechs Monaten errichtet, um eine rasche Verfügbarkeit von Artikeln zu sichern. Die Freiwillige Feuerwehr Günselsdorf war bereits bei den Vorgesprächen dabei, um bei den gesetzlichen Vorgaben und Maßnahmen zum Thema Brandschutz Unterstützung zu leisten.

Die Feuerwehrjugend für eine sichere Zukunft

Bei dem Übungseinsatz war auch die Feuerwehrjugend dabei, um einerseits die Übungen zu sehen und das Einsatzgeschehen zu lernen, aber auch um den Kindern die Angst vor Feuer zu nehmen. Bereits ab 10 Jahren kann man der Feuerwehrjugend beitreten. Die Tätigkeiten werden den Kindern spielerisch nahegebracht. Besteht das Interesse weiterhin, kann man mit 15 Jahren schon bei der aktiven Freiwilligen Feuerwehr mitmachen. "Die Feuerwehrjugend ist nicht nur spannend, sondern auch erzieherisch. Die Kinder lernen Ordnung und Disziplin und sind später nicht die Kinder, die unbedingt mit Vandalismus durch die Gemeinde ziehen." sagt Bürgermeister Artmäuer.

Die Bedeutung der Freiwilligen
Feuerwehr für die Gemeinde

Die Freiwillige Feuerwehr spielt auch für das harmonische Zusammenleben in der Gemeinde eine wichtige Rolle. Viele Veranstaltungen werden im neuen Haus der Freiwilligen Feuerwehr Günselsdorf durchgeführt. "Die Freiwillige Feuerwehr Günselsdorf hat eine sehr hohe Bedeutung für unsere Gemeinde, nicht nur weil sie im Katastrophenfall oder Brandfall für die Bevölkerung da ist, sondern weil sie auch eine ganz markante Drehscheibe für das kulturelle und soziale Zusammenleben ist. Die Veranstaltungen wie das Maibaum-Aufstellen oder diverse Jubiläen und Feste haben sich ganz stark in das soziale Leben und in das Gemeinschaftsgefühl der Gemeinde eingefügt." betont Bürgermeister Artmäuer. Die Gemeinde trägt nahezu die gesamten laufenden Kosten für den Feuerwehrbetrieb. In den letzten Jahren wurden Fahrzeuge im Wert von € 950.000,- für die Freiwillige Feuerwehr Günselsdorf angeschafft.

Der Apfel fällt nicht weit
vom Stamm

Feuerwehrkommandant Franz Zöchling ist seit knappen 40 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Günselsdorf. 1942 war bereits sein Großvater bei der Freiwilligen Feuerwehr, dann der Vater und seit 1984 er selbst. Im Interview mit HERZ News erzählt er von den Herausforderungen seiner Berufung sowie den Schattenseiten.

HERZ News: Mit welchen Herausforderungen hat man in der Freiwilligen Feuerwehr zu kämpfen?

Franz Zöchling: Nach 40 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr kann ich sagen, dass die Anforderungen immer spezieller und vielfältiger im Bezug auf Technik und verschiedene Szenarien werden. Man muss innerhalb von Sekunden die Entscheidung treffen, was gemacht werden soll. Wir leben jedoch in einer Zeit, die sich in Richtung "Einzelkämpfer" entwickelt, das haben wir in der Pandemie gesehen. Die "Ich-Gesellschaft" ist zum Glück bei der Feuerwehr nicht sehr stark, hier wird das "WIR" großgeschrieben. Anders geht es hier auch gar nicht. In diesem Beruf musst du dich auf deine Kameraden verlassen, mit Gruppenbildungen oder Einzelaktionen funktioniert das nicht. Mit der nachkommenden Jugend muss aber sehr viel daran gearbeitet werden, dieses Verständnis zu fördern. Das ist die Herausforderung.

HERZ News: Der Feuerwehrjugend wird also auch unter anderem das "WIR" beigebracht?

Franz Zöchling: Wir versuchen alles spielerisch zu gestalten und das "WIR" den Kindern so gut es geht zu vermitteln. Es geht um die Gemeinschaft. Vom Land Niederösterreich wird beispielsweise jährlich ein Jugendlager im ersten Juli-Wochenende organisiert. Dabei stehen Gruppenwettbewerbe im Fokus, um die Zusammenarbeit zu stärken und Leistungsabzeichnungen mit Siegerehrung, um dem Ganzen einen Reiz zu verleihen.

HERZ News: Entscheiden sich die Kinder selbst für die Feuerwehrjugend oder geht es von den Eltern aus?

Franz Zöchling: Hauptsächlich geht es von den Kindern aus. Wenn die Eltern schon bei der Freiwilligen Feuerwehr sind, dann wachsen sie klar hinein. In meinem Fall war es auch so und mein Sohn ist ebenfalls bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die Freundeskreise sind ebenso ganz wichtig. Wir haben viele Jugendliche aus Teesdorf und Tattendorf, weil die Freundschaftsbänder ganz stark sind.

HERZ News: Die Leidenschaft spielt bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit eine sehr große Rolle, oder?

Franz Zöchling: Selbstverständlich. Wenn man Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist und dies wirklich lebt, dann ist man jederzeit einsatzbereit. Wir werden bei Alarmierungen auch von Zuhause gerufen und sind dann innerhalb von Minuten vor Ort. Es gibt für uns keinen Grund, warum wir nicht zum Einsatz kommen sollten. Genau da kommt die Leidenschaft ins Spiel. Tagsüber ist es eher schwieriger, weil viele berufstätig sind. Da hat man im Vorfeld mit dem Arbeitgeber abzuklären, ob man während der Arbeitszeit auch zum Einsatz gehen kann. Nachdem die Freiwillige Feuerwehr auch bei Einsätzen für Katastrophenfälle eingesetzt wird, kann es auch sein, dass man einige Tage im Einsatz ist.

HERZ News: Gibt es hierfür gesetzliche Erleichterungen für die Betriebe, um für einen Anreiz zu sorgen?

Franz Zöchling: Es gibt für die Katastropheneinsätze Entschädigungszahlungen für die Betriebe. Ob das ein ausreichender Anreiz ist, ist die Frage. Alles was gesetzlich angeordnet ist, ist eine heikle Sache. Wir haben bei der Freiwilligen Feuerwehr ein dichtes Netz. Da es auf Freiwilligkeit basiert, funktioniert es auch sehr gut, müsste man alles bezahlen, wäre es nicht möglich.

HERZ News: Wissen die Bürger Ihrer Meinung nach, wie sie bei Brandfällen wirklich vorzugehen haben?

Franz Zöchling: Nein, das glaube ich nicht. Das Problem ist, dass man die Rauchgase unterschätzt. Panik ist auch im Spiel, speziell dann, wenn es in der Nacht passiert: Es ist finster, der Brand fortgeschritten, der Strom ausgefallen und der Rauch extrem dicht - wie soll man in dieser Situation aus dem Haus kommen? Man gerät in Panik und holt meistens tiefer und schneller Luft. Das hat dann den gegenteiligen Effekt, weil man die Rauchgase einatmet. Ein Atemzug kann dann leider zu viel sein.

HERZ News: Sind die Bürger hierfür ausreichend eingeschult bzw. informiert?

Franz Zöchling: Es ist relativ schwer Bürger einzuschulen. Beispielsweise Autounfälle: Es gibt Regelungen, aber wer hält sich daran? Die Grundvoraussetzungen sollten eingehalten werden. Beim Brand ist es genauso: Der Dachboden darf nicht mit Unrat voll sein, die Bauordnung ist einzuhalten und so weiter. Plan und Wirklichkeit sind jedoch zwei Paar Schuhe. Ist der Plan von der Baubehörde abgesegnet und entspricht den Richtlinien, der Bürger ändert danach aber etwas um, liegt es im Graubereich. Nichtsdestotrotz sollte man sich nicht davor scheuen, den Notruf zu wählen, wenn etwas passiert. Die Freiwillige Feuerwehr ist für alle da, lieber einmal zu viel anrufen als zu wenig.

HERZ News: Ich möchte mich abschließend herzlich bei Ihnen für die wertvollen Einblicke in Ihre Arbeit für die Gemeinde bedanken. Ebenso ein herzliches Dankeschön an die gesamte Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr, die stets mit vollem Einsatz zur Stelle sind, wenn im wahrsten Sinne des Wortes der Hut brennt.

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