Aus einem krisengeschüttelten Betrieb hat er eine internationale Unternehmensgruppe geformt – mit Weitblick, Beharrlichkeit und einem klaren Ziel vor Augen. Gerhard Glinzerer setzt nun ein weiteres, wegweisendes Zeichen: Mit der Gründung der gemeinnützigen HERZ-Stiftung sichert er nicht nur den Fortbestand des Unternehmens, sondern schafft auch einen nachhaltigen Mehrwert für die gesamte Branche. Exklusiv im Interview spricht der CEO der HERZ Gruppe über Verantwortung, Zukunft und das, was wirklich zählt.
HERZ News: Sie übertragen ein international erfolgreiches Unternehmen mit zahlreichen Gesellschaften, dessen Eigentümer Sie seit 36 Jahren sind, in eine gemeinnützige Stiftung. Warum?
Gerhard Glinzerer: Um die Frage beantworten zu können, muss ich etwas weiter ausholen und in die Vergangenheit zurück. Im Jahr 1989, dem Jahr meiner Übernahme von HERZ, war die Firma ein international irrelevanter Armaturenhersteller mit bescheidenem wirtschaftlichem Erfolg. Die Produktion fand an einem veralteten Standort in Wien statt, ergänzt durch ein Montagewerk in der Steiermark und eine kleine Vertriebsgesellschaft in Deutschland. Die damaligen Eigentümer hatten beschlossen, das Unternehmen zu verkaufen.
HERZ News: Sie haben in jungen Jahren ein Unternehmen übernommen, das damals wirtschaftlich am Abgrund stand - waren Sie immer schon risikofreudig?
Gerhard Glinzerer: Möglicherweise ist man in jungen Jahren risikofreudiger, vor allem wenn man wenig zu verlieren hat. Im Übrigen wäre unter heutigen Umständen eine derartige Transaktion vollkommen ausgeschlossen, da die Anteile an der Gesellschaft die einzige Sicherheit für die kreditgewährende Bank waren und im Falle einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung es wohl zu einem Kreditausfall gekommen wäre.
HERZ News: Wie war damals die Marktreaktion auf das Unternehmen? Gab es auch andere Interessenten?
Gerhard Glinzerer: Wie sich später herausstellte, hatten sich Mitbewerber sehr wohl für HERZ interessiert, wollten aber für den maroden österreichischen Armaturenhersteller kein Geld ausgeben und kolportiert wurde die Aussage „Für HERZ brauchen wir keine Sterbehilfe zu leisten, das Problem erledigt sich von selbst.“ Wahrscheinlich hätten sie Recht gehabt, aber sie hatten nicht mit dem Sowjetführer Gorbatschow gerechnet.
HERZ News: Welchen Einfluss hatte Gorbatschow auf HERZ?
Gerhard Glinzerer: Die Auflösung des Sowjetimperiums und die Freiheit für die osteuropäischen Satellitenstaaten ermöglichten ein rasches Wachstum, vor allem in Osteuropa, Russland und Zentralasien. Über die Jahre entstand so ein Firmenkonglomerat mit mehr als 3.000 Mitarbeitern, zahlreichen Produktionsstätten und Vertriebsgesellschaften mit weltweiten Aktivitäten.
HERZ News: Der Zerfall des Eisernen Vorhangs brachte HERZ also zum Expandieren?
Gerhard Glinzerer: HERZ hat mit 1989 konsequent den Pfad des Wachstums beschritten. Wachstum war normal und Expansion aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, genauso wie die internationalen Aktivitäten. Natürlich hat man nicht wie wild alles gekauft, was zu haben war, sondern die Vorgabe war eine Produktpalette aufzubauen. Ausgangspunkt war die Armaturenproduktion in Wien, es folgte der Bereich Wärmepumpen und Biomasseanlagen sowie schließlich die Übernahme der Hirsch Servo mit Dämmstoffprodukten und dem zugehörigen Maschinenbau in Glanegg.
HERZ News: Welche Chancen sehen Sie für die breit aufgestellte HERZ Gruppe in der Stiftung?
Gerhard Glinzerer: Chancen zu realisieren ist im Wesentlichen die Aufgabe der operativen Gesellschaften in der HERZ Gruppe. Die Stiftung verschafft Stabilität und Sicherheit, die die Gesellschaften für ihre Aktivitäten brauchen. Maßgeblich für die Entscheidung einer gemeinnützigen Stiftung war die Absicht, die drei genannten Bereiche als Einheit zu erhalten und damit eine gegenseitige Unterstützung zu gewährleisten. Vor allem können sich die Kollegen auf ihre Aufgaben konzentrieren und auf sonst übliche Spielchen, wie es sie in Konzernen gibt, verzichten.
HERZ News: Das Stiftungsmodell trägt also dazu bei, den Zusammenhalt aller Gesellschaften für die Zukunft zu sichern. Ist die Stiftung auch ein Schritt Ihrerseits, HERZ als verlässlichen und stabilen Partner für alle Beteiligten langfristig aufzustellen?
Gerhard Glinzerer: Nun, nach Jahrzehnten unternehmerischer Aktivität stellte sich die Frage, wie es mit der HERZ Gruppe weitergehen soll. Aus der Familie gab es keine Nachfolgeoption, ein Verkauf des Ganzen oder in Teilen wäre natürlich möglich gewesen, auch chinesisches Interesse gab es, doch abgesehen von der Tatsache, dass man Geld nicht essen kann, erschien mir diese Variante als nicht adäquat. Zahlreiche Mitarbeiter hatten am Erfolg mitgewirkt und ich fühlte mich ihnen auch verbunden. Das übliche "Köpfe rollen" nach Firmenübernahmen wollte ich vermeiden und so kam die Idee einer gemeinnützigen Stiftung ins Spiel und wurde umgesetzt.
HERZ News: Welche Rolle nehmen Sie innerhalb der HERZ-Stiftung ein?
Gerhard Glinzerer: Die HERZ-Stiftung hat einen Vorstand, bestehend aus vier Personen. Im Vorstand führe ich den Vorsitz. Die Stiftung hält die Beteiligung an der HERZ Industries GmbH, der Holding Gesellschaft der Gruppe, ist aber nicht operativ tätig.
HERZ News: Also bleibt alles wie gehabt oder bringt die Stiftung auch ein bisschen mehr Luft zum Atmen?
Gerhard Glinzerer: Neue Freiheit in Form von Freizeit erwarte ich nicht unmittelbar, aber es gibt Hoffnung. Ganz nach dem Motto: Dum spiro, spero - Solange ich atme, hoffe ich. (lacht)
HERZ News: Das bedeutet für Kunden, Partner und Mitarbeiter wird es keine spürbaren Veränderungen durch die Stiftung geben?
Gerhard Glinzerer: Da die Stiftung Eigentürmer der HERZ Gruppe ist und keine operative Tätigkeit ausübt, wird sich für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten keine relevante Änderung ergeben. Wichtig und im Vordergrund ist die Klarheit hinsichtlich der Weiterführung des Unternehmens. Die Anteile an der Firmengruppe sind an die Stiftung übertragen, damit ist jegliche Spekulation hinsichtlich des Verkaufs oder der Aufspaltung der Gruppe der Boden entzogen.
HERZ News: Die HERZ-Stiftung ist gemeinnützig und nicht gewinnorientiert. Welche konkreten gesellschaftlichen Ziele verfolgt sie?
Gerhard Glinzerer: Erträge, die der Stiftung zufließen, müssen satzungsgemäß verwendet werden. Zentral für die Aufgaben der Stiftung ist die Förderung des Nachwuchses im Bereich Gebäudetechnik, also die Unterstützung von Berufsschulen, HTLs, Fachhochschulen und vieles mehr. Die Überlegung dahinter ist klar: Gewinne aus den Aktivitäten der Firmengruppe fließen in die Branche zurück, an Lehrlinge, Schüler, Studenten und all jene, die in unserer Branche arbeiten, Ausbildung erfahren oder sich weiterbilden wollen. Es ist auch vorgesehen Wettbewerbe ins Leben zu rufen und dem Nachwuchs die Möglichkeit zu geben, sich mit der Kollegenschaft zu messen.
HERZ News: Was war die größte Herausforderung bei der Übertragung der HERZ Gruppe in eine gemeinnützige Stiftung?
Gerhard Glinzerer: Die Errichtung der gemeinnützigen Stiftung ist durchaus mit bürokratischen Hindernissen versehen. Drei unterschiedliche Behörden waren involviert und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Errichtung der Stiftung ein mehrjähriger Prozess war. (lacht)
HERZ News: Hatten Sie je Bedenken bei diesem Schritt?
Gerhard Glinzerer: Mit der Wirtschaftsprüferin und mit Anwälten haben wir über längere Zeit diskutiert, in wie weit eine Stiftung das von mir gewünschte Ergebnis realisieren kann. Wir sind zu einer positiven Entscheidung gekommen und ich bin davon überzeugt, dass für diese Gruppengröße diese Lösung die bestmögliche ist. Abgesehen davon bin ich weiter im Unternehmen tätig und freue mich über jeden, der oder die bereit ist im Unternehmen in führender Position zu agieren und nicht 4-Tage-Woche und Home-Office wie ein Mantra vor sich trägt. (lacht)
HERZ News: Wenn Sie heute auf Ihre Reise als Eigentümer und Geschäftsführer zurückblicken: Würden Sie etwas anders machen oder alles beim Gleichen lassen?
Gerhard Glinzerer: Rückblickend betrachtet sind natürlich zahlreiche Fehler begangen worden, aber es heißt doch: Nur wer nichts macht, macht nichts falsch. Letztlich waren Entscheidungen überwiegend richtig und mit viel Arbeit, Engagement und Glück ist uns allen im Unternehmen gelungen, eine respektable und erfolgreiche Industriegruppe aufzubauen.
HERZ News: Ich danke Ihnen für das offene Gespräch und die klaren Einblicke in die Entwicklung der HERZ Gruppe. Mit der Umwandlung in eine gemeinnützige Stiftung haben Sie nicht nur die Zukunft des Unternehmens gesichert, sondern auch ein wichtiges Zeichen für Stabilität und Verlässlichkeit gesetzt – für Kunden, Partner, Mitarbeiter und die gesamte Branche. So schaffen Sie eine tragfähige Basis, die Vertrauen gibt und das gemeinsame Engagement für die Zukunft der Branche stärkt.
Gemeinnützige Stiftungen sind auf Dauer angelegt. Ihr Zweck bleibt dadurch über Generationen hinweg bestehen und schafft damit eine stabile Grundlage für nachhaltige Unterstützung der Gesellschaft. Das Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung bleibt unangetastet. Gemeinnützige Stiftungen sind nicht gewinnorientiert. Die erwirtschafteten Erträge einer gemeinnützigen Stiftung fließen dauerhaft in Projekte, die der Gesellschaft zugutekommen. Sie verfolgen ausschließlich Zwecke, die dem Gemeinwohl dienen – etwa in den Bereichen Bildung, Forschung, Umwelt, Kultur oder Soziales.
§ 4 Stiftungszwecke
1. Die Stiftung verfolgt ausschließlich sowie unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO); sie ist nicht auf Gewinn ausgerichtet.
2. Die Stiftung fördert die Aus- und Weiterbildung auf allen Gebieten der Gebäudetechnik, insbesondere in der HKLS-Branche (Heizung, Klimatechnik, Lüftung, Sanitär) und im Bereich der Baumaterialienerzeugung.
3. Die Stiftung fördert im Sinne des § 37 BAO das Wohl von in Not geratenen, hilfsbedürftigen Menschen (natürlichen Personen), die im Bereich der Gebäudetechnik, insbesondere in der HKLS-Branche, und im Bereich der Baumaterialienerzeugung tätig sind, vor allem von solchen, die krankheitsbedingt in Not geraten.
4. Schließlich fördert die Stiftung insgesamt die Allgemeinheit im Sinne des § 35 BAO und dabei vor allem folgende Bereiche:
Foto: © PhilippLipiarski